Steckenrother Distanzritte
Tradition seit 1974
Die Idee kam, wie so oft, aus den USA - dort ritt man seit Mitte der 1950er Jahre lange Geländestrecken auf Zeit. Dass diese Idee Mitte der 1970er Jahre in Hohenstein Anklang fand, ist angesichts unserer schönen Landschaft nicht weiter verwunderlich.
So setzten sich die Familien Schmidthüs und Kadesch zusammen und ersannen ein Konzept für das Distanzreiten in Deutschland - mit Erfolg, 1974 gab es einen ersten Hohensteiner Distanzritt, ein Jahr später kam es zur Gründung des Vereins Deutscher Distanzreiter, und ein weiteres Jahr später entstanden die Taunusfreizeitreiter Hohenstein-Steckenroth e.V..
Seither werden rund um Steckenroth in größeren und kleineren Runden verschiedene Streckenlängen geritten. Was sich genau hinter dem Distanzreiten verbirgt, sei hier kurz erklärt: Im Gegensatz zum Wanderreiten, dem der Gedanke einer "Reise zu Pferd" zugrunde liegt und von A nach B hauptsächlich im Schritt und den ganzen Tag gemütlich zwischen 20 und 30 km geritten wird, geht es beim Distanzreiten um Geschwindigkeit. Dies geht nur mit einem ausbalancierten, trittsicheren und gut trainiertem Pferd.
Geritten wird hauptsächlich in Trab und Galopp, mittlerweile mit speziell entwickelter Ausrüstung - leichte, aber für Pferd und Reiter bequeme Sättel, wasserresistentes Zaumzeug, Spezialbeschlag oder Hufschuhe. Auch die Bekleidung des Reiters ist funktional, weiße Hose und Turnierjacket eignen sich hier nicht.
Die Gesundheit des Pferdes steht im Mittelpunkt, weshalb für jeden vierbeinigen Athleten vor dem Start ein gründlicher Check bei der Tierärztin vor Ort ansteht. Abgehört werden Herz und Lunge, es wird die Sattellage auf Empfindlichkeit geprüft, ein Test auf ausreichende Wasserversorgung und natürlich eine Lahmheitsuntersuchung durchgeführt. Ist alles in Ordnung, erfolgt die Startfreigabe.
Die Zwischenstopps mit 40-minütiger Pause und erneuter Verfassungskontrolle finden stets auf dem Reitgelände in Steckenroth statt. Zeigt sich hier ein Pferd nicht mehr 100 % fit, scheidet es aus, muss zwei Stunden später nochmals der Tierärztin vorgestellt werden und darf erst dann nach Hause fahren. Wer fit ist, und das sind erfahrungsgemäß die meisten, darf nach der Pause auf die nächste Runde gehen.
Hinter jedem Pferd-Reiter-Paar steht ein Team von sogenannten "Trossern", die an vorgegeben Punkten auf der Strecke mit Wasser bereitstehen dürfen und das Pferd im Laufen abkühlen. Zwei Stunden nach der Zielankunft erfolgt nochmals ein ausführlicher Check bei der Tierärztin, und nur wessen Pferd das OK bekommt, darf sich bei der Siegerehrung zu den anderen zwar müden, aber zufriedenen Pferden auf den Reitplatz begeben und seine Stallplakette abholen.
Für die kurzen Distanzen ist nahezu jedes Pferd geeignet, für die längeren Bedarf es eines besonderen Charakters. Es gibt nunmal auch unter den Pferden die Couchpotatoes und die mit Hummeln im Hintern. Auch das Training und die Fütterung erweist sich als individuell, ein Standardrezept gibt es nicht. Pferde sind Lauftiere und legten ursprünglich täglich etliche Kilometer im Schritt zurück. Echte Wildpferde gibt es nicht mehr, unsere Hauspferde sind das Ergebnis einer jahrtausendalten Zucht, aber was ihnen geblieben ist, ist der Bewegungsdrang. Ob sie, wie menschliche Läufer, auch in eine Art Flow geraten, ist nicht bekannt, aber aus eigener Erfahrung lässt sich sagen, dass auch ein eher gemütliches Pferd auf einem Distanzritt in einen gleichmäßigen Rhythmus kommt und ihn freiwillig hält.
Dieses Erlebnis - alleine im Gelände mit dem Pferd, dass das Tempo vorgibt, auf den Boden achtet, eigenständig bremst, beschleunigt, die Gangart wählt, einen mitnimmt als Partner und immer gesprächsbereit ist - macht glücklich.
Und so freuen wir uns jedes Jahr auf viele Pferd-Reiter-Paare, die unsere anspruchsvolle Landschaft genießen werden. Zuschauer heißen wir gerne willkommen, und unsere Theke versorgt alle (Reiter, Helfer, Trosser und Gäste) mit selbstgemachten Salaten, Leckereien vom Grill und frischem Kuchen.